Eine weibliche Person hält sich an den Bauch

Alarm im Darm: Wenn Divertikel Bauchweh machen

Früher schritten Ärzte bei einer Divertikulitis ohne Umschweife zur Tat: Nach dem zweiten Entzündungsschub wurde der betroffene Darmabschnitt vorsorglich entfernt. Eine Operation ist aber meist nur dann nötig, wenn eine komplizierte Entzündung vorliegt.






Wo immer Organe einen Hohlraum umschliessen, können sich an den Wänden dieses Organs Ausstülpungen – sogenannte Divertikel bilden. Meist sind sie harmlos. Aber nicht immer. So ist das auch bei Dickdarmdivertikeln. «Im Normalfall verursachen sie keine Beschwerden und müssen deshalb auch nicht behandelt werden», sagt Antonio Nocito, Chefarzt der Chirurgie am KSB. Aber in etwa einem Viertel der Fälle entzünden sich die Divertikel: Es entsteht eine Divertikulitis – und die kann schwere Folgen haben.






Bluthochdruck, Nierenerkrankungen, Allergien und ein schwaches Immunsystem scheinen Entzündungen der Divertikel zu begünstigen. Aber auch gewisse Medikamente stehen unter Verdacht: Kortisonpräparate etwa oder bestimmte Entzündungshemmer wie Ibuprofen und Diclofenac. Menschen mit Divertikeln sollten deshalb auf solche Medikamente verzichten.






Die falsche Blinddarmentzündung

Wenn sich in den Divertikeln Nahrungsreste und Halbverdautes ablagern, entsteht Druck auf die Darmwand. Dadurch wird die Blutzufuhr gestört, und es entstehen winzige Verletzungen im Gewebe – in Kombination mit den eingeschlossenen Nahrungsresten ein idealer Entzündungsherd. Dieser breitet sich dann schnell aus und wird von stechenden Schmerzen begleitet. Betroffene glauben zunächst häufig an eine Blinddarmentzündung. Der Blinddarm sitzt aber auf der von sich selbst aus gesehen – rechten Seite des Unterbauchs, bei einer Divertikulitis schmerzt es hingegen meist links. Denn dort liegt das Sigma, der letzte Abschnitt im Dickdarm, wo 95 Prozent der Fälle auftreten. Auf die seltene rechtsseitige Divertikulitis fallen manchmal sogar Ärzte herein und diagnostizieren fälschlicherweise eine Blinddarmentzündung. «Das sollte man deshalb mit einem Ultraschall oder einer Computertomographie definitiv abklären», meint Antonio Nocito.






Kauen, zerkleinern, pürieren

Bei den meisten heilt die Entzündung nach etwa einer Woche aus und verschwindet. Damit sie nicht erneut auftritt, sollten die Ernährungsgewohnheiten umgestellt werden. Wichtig ist gründliches Kauen. Zerkleinern ist nämlich oberstes Gebot beim Vorbeugen weiterer Entzündungsschübe. Gerade ballaststoffreiche Nahrungsmittel, die dem Darm besonders guttun, enthalten viele grobe Fasern. Sie müssen gründlich gekaut und zerteilt werden, bevor sie in den Verdauungstrakt wandern. Trainieren kann man das richtige Kauen zum Beispiel mit einem nicht mehr ganz frischen Brötchen. Einfach so lange Kauen, bis ein feiner Brei entsteht, der sich problemlos schlucken lässt. Ebenfalls empfehlenswert: ein leistungsfähiger Mixer. Gerade Schalen von Obst und Gemüse enthalten viele Ballaststoffe und Vitamine, lassen sich aber oft schlecht kauen.











Checkliste Ernährungstipps:

– Ganz wichtig: langsam essen, sich Zeit nehmen und gut kauen!

– Gemüse und Vollkornprodukte sind wichtige Ballaststofflieferanten und Basis der
täglichen Ernährung.

– Weizenmehl vertragen viele schlecht: Probieren Sie Dinkel- oder Roggenbrot. Auch Sauerteigbrote sind gut verträglich.

– Viel trinken: vor allem Tee und stilles Wasser. Denn die Ballaststoffe quellen im Darm und binden viel Wasser.

– Nüsse und Samen sind ebenfalls empfehlenswert, müssen aber gründlich gekaut oder bei Bedarf sogar gemahlen werden.

– Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend. Sie sind in verschiedenen Pflanzenölen enthalten sowie in Seefisch wie Lachs, Sardelle oder Hering.

– Probiotika fördern die Darmgesundheit und kommen in milchsauer vergorenen Lebensmitteln vor: Joghurt, Kefir, Sauerkraut oder Buttermilch. Probiotika gibt es auch als Kapseln oder Tropfen.

– Wer unter Verstopfung leidet, sollte Flohsamenschalen, Weizenkleie oder Leinsamen einnehmen. Diese Ballaststoffbomben sorgen – mit viel Flüssigkeit – für einen weichen Stuhl und erleichtern die Darmentleerung.

– Der Darm braucht Bewegung: Gehen Sie täglich eine halbe Stunde spazieren.






verschiedene Gemüse und Obst aufgereiht in Form eines Darms
Gemüse, Früchte und Vollkornprodukte sollten Basis der täglichen Ernährung sein, da sie unter anderem wichtige Ballaststofflieferanten sind.





Wann muss operiert werden?

«Man unterscheidet zwischen komplizierten und unkomplizierten Formen der Divertikulitis», erklärt Nocito. Zu den komplizierten Formen gehören beispielsweise Abszesse, aber auch ein Durchbruch oder starke Verengungen im Darm. «Man behandelt dann zunächst die Entzündung und trifft weitere Abklärungen mittels einer Darmspiegelung. Wenn andere Ursachen für die Beschwerden – wie beispielsweise ein Tumor – ausgeschlossen werden können, wird eine Operation geplant.» Früher sei man irrtümlich davon ausgegangen, dass sich aus einer unkomplizierten Divertikulitis früher oder später eine komplizierte Form entwickeln würde, und habe deshalb oft vorschnell operiert. Diese Theorie hat sich nicht bewahrheitet: «In 80 Prozent der Fälle bleibt es bei einem einmaligen Entzündungsschub.»






Antibiotika oder nicht?

Auch beim Einsatz von Antibiotika zeichnet sich ein Umdenken ab. In leichten Fällen – ohne Fieber, Schmerzen und hohe Entzündungswerte – wird am KSB heute meist auf Antibiotika verzichtet. Antonio Nocito empfiehlt stattdessen eine Behandlung mit Schmerzmitteln, dazu leichte Ernährung und viel Flüssigkeit. «Im Spital sehen wir aber hauptsächlich Patienten mit hohen Entzündungswerten und gravierenden Symptomen.» In diesen schweren Fällen gibt es häufig keine Alternative zu einer Antibiotikabehandlung. Diese muss aber sorgfältig abgewogen werden, denn Antibiotika verursachen nicht nur häufig Durchfall und Erbrechen, sondern verändern auch die Darmflora, das sogenannte Mikrobiom. «Zudem fördern Antibiotika das Wachstum von Bakterien, die ihrerseits andere Entzündungen verursachen können», sagt Antonio Nocito und fügt hinzu: «Es bleibt dann nichts anderes übrig, als neue Antibiotika einzusetzen, um diese Bakterien abzutöten.»






Haben Sie Fragen? Das KSB-Darmzentrum hilft weiter – kontaktieren Sie uns.











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